Das langfristige Ziel der Inklusion an Schulen ist der gemeinsame Unterricht aller Schülerinnen und Schüler. Der Landkreis ist als Schulträger verantwortlich für die Gebäude und Ausstattung der Schulräume. Außerdem stellt er Integrationshelfer zur Betreuung der Schüler mit Hilfsbedarf bereit. Aktuell wird für 190 Kinder eine ambulante Eingliederungshilfe in Form eines Schulbegleiters oder einer Integrationshilfe gewährt. Im Jahr 2011 wurden für diese Hilfen 2.400.000 Euro vom Landkreis Gießen aufgewendet. „Es muss zur Selbstverständlichkeit werden, dass die Menschen in unserer Gesellschaft vielfältig und unterschiedlich sind und wir sie nicht nach Besonderheiten sortieren“, sagt Dr. Christiane Schmahl, Schuldezernentin des Landkreises, mit Blick auf die bevorstehenden Herausforderungen.
Für die pädagogische Organisation der Inklusion an Schulen und die Lehrerstellen sind das hessische Kultusministerium und das staatliche Schulamt Gießen/Vogelsberg zuständig. „Die eigentliche Inklusion fängt aber in den Köpfen an, und da hat die Gesellschaft noch einen langen Weg vor sich“, sagt Christiane Schmahl. Kinder mit besonderem Förderbedarf sollen zukünftig in eine wohnortnahe Regelschule gehen können. „Damit wird sich die Schullandschaft verändern müssen, denn zurzeit werden Kinder mit besonderem Förderbedarf zu einem Großteil an Förderschulen unterrichtet“, sagt die Schuldezernentin.
Gleichzeitig sind einige dieser Förderschulen Beratungszentren für Regelschulen. Das heißt, die Fachlehrer der Förderschulen beraten vor Ort an den Regelschulen die Lehrer und Eltern, wie dort Schüler mit Problemen geholfen werden kann. Jedes Beratungszentrum kooperiert hier mit Grundschulen, Gesamtschulen und Berufsschulen. Der Landkreis muss zum einen dafür sorgen, dass bauliche Voraussetzungen wie Barrierefreiheit geschaffen werden und zum anderen die Entwicklung der Schülerzahlen für die einzelnen Schulstandorte im Auge behalten.
Im Landkreis Gießen gibt es fünf Förderschulen. Drei von diesen Schulen sind gleichzeitig Beratungs- und Förderzentren, nämlich die Georg-Kerschensteiner-Schule in Biebertal, die Anna-Freud-Schule in Lich und die Gallusschule in Grünberg. Kurz- und mittelfristig zeichnet sich bei den Förderschulen kein markanter Rückgang der Schülerzahlen ab. Rainer Berk, Schulleiter der Anna-Freud-Schule in Lich, sieht die Entwicklung noch stabil: „Aktuell haben wir 131 Kinder an unserer Schule, zum neuen Schuljahr werden es voraussichtlich 125 Kinder sein.“ Aber er betont auch, dass er als Schulleiter langfristig und strategisch planen muss, wie seine Schule sich weiterentwickeln wird. Schon jetzt entfallen mehr Stellen auf das Förderzentrum, die an Regelschulen geleistet werden, als an seinem Schulstandort.
„Hier wird noch eine weitere Verschiebung stattfinden“, prognostiziert der Schulleiter. Die Anna-Freud-Schule wurde erst kürzlich vom Landkreis komplett renoviert. „Das war auch dringend nötig“, sagt Christiane Schmahl, „denn die Sanierung dieser Schule und der Martin-Buber-Schule wurden schon viel zu lange hinausgeschoben.“ Gerade in Lich besteht am Standort der Erich-Kästner-Grundschule (EKS) und der Anna-Freud-Schule ein Schulzentrum, das mit dem geplanten Neubau der EKS noch attraktiver werden wird. Hier klappt die Zusammenarbeit zwischen den beiden Nachbarschulen ausgezeichnet.