Reaktivierung der Schienenstrecke ist ein Projekt mit Perspektive
Mitglieder der GRÜNEN-Fraktionen in Wölfersheim und Hungen, die zugleich der Arbeitsgemeinschaft Horlofftalbahn angehören, trafen sich letzte Woche im Bahnhof von Trais-Horloff, dem Zentrum des Hungener Naturschutzbundes, mit der verkehrspolitischen Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion, Karin Müller aus Kassel. Thema war die Reaktivierung des stillgelegten Abschnitts der Horlofftalbahn zwischen Hungen und Wölfersheim. Weil diese Reaktivierung auch von den politischen Rahmenbedingungen abhängt, die in Hessen und im Bund am 22.09. neu bestimmt werden, wohnten auch Wahlkreiskandidaten und -kandidatinnen der GRÜNEN diesem Treffen bei. Für den Kreis Gießen war die Hauptamtliche Kreisbeigeordnete, Dr. Christiane Schmahl, anwesend, den verhinderten Gießener GRÜNEN-Bundestagsdirektkandidaten Tom Koenigs vertrat dessen Regionalmitarbeiterin Katrin Schleenbecker. Ebenfalls mit dabei, die für den Wetteraukreis zuständige GRÜNEN-Landtagsabgeordnete Ellen Enslin aus Usingen.
Mittels einer Präsentation wurde zunächst die 116jährige Geschichte der Strecke aufbereitet. Dabei fallen besonders die Bemühungen der Anliegerkommunen Hungen und Wölfersheim seit der Stilllegung des sie verbindenden Teilstücks im Jahr 2003 ins Auge. So liegen in Wölfersheim umfangreiche Pläne zur Umgestaltung des Bahnhofsgeländes vor, das Bahnhofsgebäude wurde gekauft, der Kreisel am Bahnhof so gebaut, dass die Wiederaufnahme des Bahnverkehr Richtung Hungen möglich bleibt, und für den Ausbau des wichtigen Bahnknotens in Beienheim will man 200.000 € zuschießen. Hungen hat ebenfalls den Bahnhof gekauft und inzwischen modernisiert sowie das Umfeld erneuert. Die Verlängerung der Unterführung ist in Planung. Gemeinsam haben beide die Entwidmung der Strecke verhindert, sie inzwischen gekauft und ein Vorgutachten für die Reaktivierung in Auftrag gegeben, dessen Ergebnis in Kürze erwartet wird. Hierbei sollte nach Auffassung der Teilnehmer des Treffens vor allem die Erschließung des enormen Pendlerpotentials, das sich täglich Richtung Friedberg bewegt, eine besondere Beachtung finden.
In der sich anschließenden Diskussion zu den Perspektiven der Reaktivierung herrschte Einigkeit darüber, dass der über hundert Jahre alte Schienenweg ein wichtiges ‚Pfund‘ für die Zukunft darstellt. Die Bewältigung des demographischen Wandels und die Attraktivität von Orten und Regionen werden maßgeblich von einer guten verkehrlichen Infrastruktur mitbestimmt. „Wölfersheim und Hungen bohren das dicke Brett der Reaktivierung. Das ist gut.“, so Rüdiger Maas (Butzbach), Landtagsdirektkandidat im Wahlkreis Wetterau Nord. „Die Vision muss sein: Reaktivierung und Modernisierung der Strecke, Umbau des Bahnhofs Beienheim um die Züge aus Nidda und Hungen zusammen zu kuppeln, vermehrte Durchbindung von Zügen aus Nidda/Hungen Richtung Frankfurt auf einer dann viergleisig ausgebauten Strecke ab Friedberg. Energiewende heißt auch Verkehrswende. Das macht leben auf dem Land und arbeiten in Rhein-Main auch in Zukunft attraktiv.“
Dennoch ist klar, dass die beiden Kommunen mit Unterstützung der Landkreise die Reaktivierung nur vorantreiben können. Die Finanzierung von Modernisierung und vor allem des Betriebs kann und darf nicht Aufgabe der Kommunen sein. Karin Müller: „Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs auf Bundes- und auf Landesebene, sowohl investiv als auch im Betrieb. Fehlendes Engagement für die Schiene seitens der jetzigen Landesregierung und die Priorität auf den Straßenbau sind die Ursache eines Investitionsstaus bei Bussen und Bahnen in Hessen.“ Antje Gesinn (Reichelsheim), Bundestagsdirektkandidatin der Wetterauer GRÜNEN, ergänzt: „Das Land Hessen hat sich aus der Gestaltung des ÖPNV verabschiedet. Es überlässt – auch in der Wetterau – dem RMV diese Aufgabe, dessen Mittel aber seit Jahren gedeckelt sind. Kein Wunder, dass der RMV sich auf den Ballungsraum konzentriert und der ländliche Raum in diesem System hinten runter fällt. Der von uns angestrebte Regierungswechsel in Hessen und im Bund muss hier zu deutlich anderen Schwerpunktsetzungen führen!“
„Wir brauchen in Hessen dringend einen Wechsel, vor allem in der Verkehrspolitik. Nicht nur die Großprojekte im Ballungsraum wie die Regionaltangente West, der Bau der nordmainischen S-Bahn nach Hanau und das vierte Gleise nach Friedberg sind wichtige Infrastrukturprojekte. Deswegen sollten sich Hungen und Wölfersheim weiter für die Reaktivierung und Modernisierung ihrer Schienenstrecke einsetzen. Attraktive Schienenstrecken machen Kommunen attraktiv. Und die Aussicht, in einigen Jahren eine direkte attraktive Verbindung nach Frankfurt haben zu können, ist real. Wenn die politischen Rahmenbedingungen dafür günstig sind, sollten Wölfersheim und Hungen mit fertigen Konzepten bereit stehen,“ resümiert Karin Müller das Treffen.