Anlässlich des CSU Papiers „Wer betrügt der fliegt“ und der aktuellen Debatte um Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien erklärt Tom Koenigs, Sprecher für Menschenrechtspolitik:
„Wer betrügt, der fliegt“ heißt ein neues Arbeitspapier der CSU. Solche Äußerungen diskriminieren, sie sind antiziganistisch. Sie richten sich nicht gegen Migration innerhalb der EU allgemein, sondern ganz konkret gegen Roma-Zuwanderung. Statt nach Lösungen zu suchen, verstärkt die Bundesregierung die Probleme durch Diskriminierung und Ausgrenzung. Gleichzeitig lässt sie Mittel der Europäischen Union ungenutzt verfallen. Stereotype bestimmen das Handeln mehr als Fakten und Notwendigkeiten.
Es ist unsere Aufgabe, den neu zugewanderten Roma, sowie allen anderen Zuwanderern aus EU Staaten, Integrationsangebote zu machen. Die Situation der deutschen Sinti und Roma, die seit Jahrhunderten in Deutschland leben und vollends integriert sind, zeigt aber, dass es damit nicht getan ist. Der Abbau von Vorurteilen, die Anerkennung der Sinti und Roma als Teil Deutschlands, die Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben, müssen aktiv organisiert werden. Dazu reicht es nicht, sich auf konkrete Probleme wie Gesundheitsversorgung, Wohnungsmangel oder Bildung zu konzentrieren. Die Ursachen der Probleme müssen angegangen werden, die Ausgrenzung und Diskriminierung der Sinti und Roma durch die Mehrheitsgesellschaft – und leider auch einen großen Teil der politischen Eliten. Es gibt Lösungsstrategien. Sie kommen von der EU und aus den verschiedenen Organisationen der Sinti und Roma selbst. Es gibt Finanzmittel, sie werden von der Europäischen Union über den Europäischen Struktur Fonds bereit gestellt, aber leider nicht abgerufen. Es gibt Bundesländer, wie Baden-Württemberg oder Berlin, die die Herausforderung deutlich konstruktiver angehen. Was also fehlt, ist der Wille auf Bundesebene, die Rhetorik und auch die Praxis der Ausgrenzung durch eine Kultur der Teilhabe und der Anerkennung zu ersetzen.
Angela Merkel hat anlässlich der Einweihung des Mahnmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma am 24. Oktober 2012 eine viel beklatschte Rede gehalten, die vor allem an uns Deutsche, an die deutsche Mehrheitsgesellschaft gerichtet war. Menschlichkeit, so Merkel, bedeute Anteilnahme, die Fähigkeit und die Bereitschaft, auch mit den Augen des anderen zu sehen. Sie bedeute, hinzusehen und nicht wegzusehen, wenn die Würde des Menschen verletzt wird. Das gelingt uns Deutschen viel zu selten, und das gelingt auch Merkels Regierung nicht.