Anlässlich der Vorgänge in Ozd (Ungarn) erklärt Tom Koenigs, Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe:
Trotz einer andauernden Hitzewelle hat die Stadt Ozd im Norden Ungarns am Wochenende die Wasserversorgung einer verarmten Roma-Siedlung abgeschnitten. Ich verurteile dieses scharf und fordere den Außenminister und den Menschenrechtsbeauftragten im Auswärtigen Amt auf, in entsprechenden Gremien der Vereinten Nationen (Menschenrechtsrat) und der EU dafür zu sorgen, dass diese Praxis kritisiert und sanktioniert wird. Die europäische Kommission muss einschreiten, wenn solches Verhalten andauert.
Die Bundesregierung hat das Menschenrecht auf Wasser zu einem Schwerpunkt der eigenen Menschenrechts- und Entwicklungspolitik gemacht. Das jede und jeder Einzelne ein Menschenrecht auf Zugang hat, hat auch Ungarn anerkannt, am 28. Juli 2010 in der UN Vollversammlung und am 30. September 2010 im UN Menschenrechtsrat.
Es ist diskriminierend und unmenschlich, dass einer Romagemeinde in Ungarn am Wochenende das Wasser abgedreht wurde. Die lapidare Begründung: die Roma verschwendeten das Wasser und dies sei zu teuer für die Stadt. Dabei hatte die Schweiz die Finanzierung der Wasserversorgung mit einem Zuschuss von 5 Millionen Euro sichergestellt. Bis heute haben die Roma kein fließendes Wasser in ihren Wohnungen, die Sanitäranlagen funktionieren nicht.
Zusätzliche Brisanz gewinnt der Fall durch die Tatsache, dass Ozd von der rechtnationalen Partei Fidesz verwaltet wird, die seit Jahren den im Land grassierenden Rassismus gegen Roma fördert. Die Kappung der Wasserversorgung treibt derartige diskriminatorische Rhetorik und Praxis auf die Spitze. Das Menschenrecht auf Wasser wird vorsätzlich beschnitten, die Roma werden diskriminiert, der ungarische Staat schaut zu.
Wir müssen die ungarische Regierung an ihre Zusagen erinnern. Das Menschenrecht auf Wasser ist ein universelles Recht. Es darf nicht mutwillig beschnitten werden, schon gar nicht auf der Basis rassistischer Motive. Es ist wichtig, dass wir die Möglichkeiten der Einflussnahme auf allen Ebenen ausnutzen, um einen derartig offensichtlichen und mutwilligen Verstoß gegen das Menschenrecht auf Wasser zu ahnden.
Hintergrund:
Wasser und Sanitärversorgung sind von zentraler Bedeutung für die menschliche Gesundheit und ein Leben in Würde. Das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung leitet sich aus dem Recht auf ein Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit (Artikel 12 Sozialpakt) und das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard (Artikel 11Sozialpakt) ab. Das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung berechtigt eine ausreichende, bezahlbare und physisch zugängliche und akzeptable (im Sinne von gesunde) Wasserversorgung für den eigenen und häuslichen Gebrauch.