„Das Gutachten zeigt, wie tief Rassismus gegenüber Sinti und Roma in unserer Gesellschaft verankert ist. Bestimmte Formen der medialen Darstellung tragen zu Ausgrenzung und Stigmatisierung bei. Die Erkenntnisse sollten wir nutzen, um unsere eigenen Äußerungen kritisch zu hinterfragen und rassistischer Berichterstattung zu widersprechen. Einen unbelehrbaren rechten Rand wird es immer geben, aber wir dürfen nicht dulden, dass Antiziganismus gesellschaftsfähig bleibt.
Die alten Klischees von Zigeunern als primitive, kriminelle und schmutzige Nomaden finden heute ihre Fortsetzung in Begriffen wie „Asylantenschwemme“, „Roma-Banden“ und „Sozialtourismus“. Der deutsche und erfolgreiche Sinto oder Roma wird dagegen nicht beachtet. Markus End findet viele Beispiele, die belegen: Antiziganismus hat in Deutschland eine lange Tradition. Auch nach dem deutschen Völkermord an 500.000 Sinti und Roma haben wir damit nie gebrochen. Noch immer werden die alten Stereotype verwendet, um vermeintlich einfache Erklärungen zu liefern. Das ist unverantwortlich. Besonders von den Qualitätsmedien darf man einen verantwortungsvolleren Umgang erwarten.
Erst kürzlich habe ich mit einem offenen Brief an Günther Jauch auf diskriminierende Aussagen in seiner Sendung aufmerksam machen müssen. In einem Beitrag zum Thema „Albtraum Einbruch“ am 15. Juni wurde der Begriff „Roma-Banden“ mehrfach hervorgehoben. Daran schloss sich die Aussage eines Experten vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfahlen an, der das Problem mit organisierten Kriminellen aus Südosteuropa thematisierte. Das antiziganistische Bild war damit komplett und die Vorurteile des Publikums bedient.
Fundierte Antiziganismusforschung leistet einen Beitrag, solche Mechanismen aufzuzeigen. Mit ihrer Hilfe verstehen wir, woher die Ressentiments in unserer Gesellschaft kommen und wie wir sie bekämpfen können. Aufgabe der Bundesregierung ist es, den Sinti und Roma endlich eine gleichberechtigte Teilhabe in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Aber die Große Koalition bleibt hier untätig. Umso mehr sind Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, sensibel gegenüber antiziganistischen Tendenzen zu sein und diesen offen entgegenzutreten.“