Grenzen überschreiten – die AfD macht Polemik und Meinung zur Maxime
Die GAL und der Ortsverein der Grünen in Staufenberg als Veranstalter freuten sich über
den mit etwa 45 Gästen gut besuchten Vortrag von Sascha Schmidt (Politikwissenschaftler
und Gewerkschafter). Susanne Gerschlauer von den Grünen begrüßte alle Anwesenden und
führte mit einem Hinweis auf Artikel 5,GG zur Meinungsfreiheit, in das Thema des Abends
ein. Dies bot die Überleitung zum Vortrag des Referenten, der die Strukturen und das
Auftreten der AfD – vor allem im Landkreis Gießen – beleuchtete.
Schmidt stellte exemplarisch das öffentliche Auftreten verschiedener Parteifunktionäre aus
der hessischen AfD vor. Seine Analyse ergibt beispielsweise bei einigen dieser Personen
eine deutliche Nähe zur „Identitären Bewegung“, die durch den Verfassungsschutz
überwacht wird. Auch ideologische und strukturelle Bezugspunkte zu rechtspopulistischen
und rassistischen Parteien, wie die dem „Front National“ in Frankreich oder der FPÖ in
Österreich, ebenso wie zu verschwörungstheoretischen oder der „Neuen Rechten“
zuzuordnenden Publikationen oder Internetauftritten, können nachgewiesen werden. Unter
Mandatsträgern der hessischen AfD gab es zudem Personen, die sich positiv auf die
Reichsbürger berufen haben oder innerhalb dieser führende Positionen inne hatten.
Als wichtiges Mittel zur Verbreitung der eigenen Meinung nutzt die AfD die
Möglichkeiten der sogenannten sozialen Medien wie facebook und twitter. Schmidt belegt,
dass dort mit Polemisierung und starker Vereinfachung von Sachverhalten gearbeitet wird.
Vielfach folgt daraufhin eine Kaskade zustimmender und weiter greifender persönlicher
Kommentare von Nutzerinnen und Nutzern, die die Grenzen der Meinungsfreiheit
teilweise deutlich überschreiten und in Hetzparolen münden. Ein politischer Diskurs findet
nicht statt.
Eines von vielen Ergebnissen aus dem Vortrag ist daher, dass eine kritische Beurteilung
der von dieser Partei verbreiteten Positionen wichtig bleibt. Die aufmerksame
Beobachtung ihrer Homepages und von ihnen genutzten Medien sowie die anhaltende
Reflexion der Inhalte ist nötig, damit z.B. persönliche Beleidigungen, Rassismus und
Volksverhetzung schnell erkannt und zur Anzeige gebracht werden können.
In der anschließenden, engagierten Diskussion kamen unterschiedliche Positionen pro und
contra zu Wort. Unter den Gästen waren eine Reihe jugendlicher Schüler und Schülerinnen
aus der Lollarer Clemens-Brentano-Europaschule, der Liebigschule und der Willy-Brandt-
Schule, beide Gießen, mit ihrem Lehrer. Sie stellten kritische Fragen zur Beurteilung der
AfD. Darunter auch, warum es Geld gibt für geflüchtete Menschen, die Asyl suchen, aber
keines für die Sanierung von Schulen? Hier stand vor allem die W-B-S, Kreisberufsschule,
im Zentrum der Frage, die Landkreis-Gießen-AfD hatte eine umfassende Sanierung
vehement gefordert. Moderatorin Katrin Schleenbecker, stellvertretende
Kreistagsvorsitzende, konnte jedoch klar einordnen, dass zwischen der Finanzierung von
Schulsanierungen und den Unterhaltszahlungen geflüchteter und schutzsuchender
Menschen kein Zusammenhang besteht: es sind verschiedene „Töpfe“, die unabhängig
nebeneinander stehen. Schmidt gab darüber hinaus zu bedenken, dass eine gerechte soziale
Besteuerung unter anderem auch die Sanierung von Schulen problemlos umsetzbar mache.
Die derzeitige steuerliche Struktur ermögliche das Auseinanderdriften der Gesellschaft.
Das Schlusswort des Abends erhielt ein Vertreter des Kreisausländerbeirats. Er appellierte
an die Schülerinnen und Schüler, die bestehende Demokratie in Deutschland hoch zu
schätzen und sich dafür aktiv einzusetzen, sie biete Frieden und Freiheit wie in kaum
einem weiteren Land.
von Sascha Schmidt und Susanne Gerschlauer